
Wegzugsbesteuerung - Wegzug ins Ausland und Steuerfragen?
Worum geht es bei der Wegzugsbesteuerung und wer ist betroffen?
Wenn ein in Deutschland ansässiger Steuerpflichtiger - der Anteile an einer Kapitalgesellschaft hält – dauerhaft in das Ausland zieht, verliert der deutsche Staat grundsätzlich das Besteuerungsrecht auf die Veräußerungsgewinne von den Anteilen dieser Kapitalgesellschaft. Dies ist so meist in den Doppelbesteuerungsankommen zwischen Deutschland und dem Zuzugsstaat geregelt. Ziel der Wegzugsbesteuerung ist es daher die bis zum Wegzug erwirtschaften stillen Reserven zu besteuern.
Interesting Fact: Ausgangspunkt für die Entstehung der Wegzugsbesteuerung war die Auswanderung von Helmut Horten, des Kaufhausmagnaten der gleichnamigen Kaufhauskette, im Jahr 1970. Er wanderte von Deutschland in die Schweiz aus, ohne dass sein Vermögen in Höhe von einer Milliarde Mark in Deutschland besteuert wurde. Da dem deutschen Fiskus schon in ähnlichen Fällen Steuereinnahmen entgangen waren, schuf der deutsche Gesetzgeber im Jahr 1972 die Grundlage der deutschen Wegzugsbesteuerung.
Die Wegzugsbesteuerung trifft mit ihren Regelungen insbesondere mittelständische Unternehmerfamilien mit vielen Familienangehörigen. Wenn ein Familienmitglied Deutschland dauerhaft verlässt, um z. B in Wien zu leben und zu arbeiten, muss es die stillen Reserven - also die nicht realisierten Gewinne - ihrer Firmenanteile versteuern. Diese Regelung macht auch z.B. vor Gründern von Start-ups nicht halt, die nach erfolgreicher Investorenrunden beschließen, ihren Wohnsitz in das Ausland zu verlagern. Konnte bisher diese Steuerforderung beim Wegzug in andere EU-Staaten oder EWR-Länder dauerhaft gestundet werden, fiel diese Erleichterung am 1. Januar 2022 weg.
Das Besondere an der Wegzugsbesteuerung ist, dass hier nicht realisierte Gewinne, besteuert werden. Das Finanzamt setzt dies in Form eines fiktiven Verkaufs der Anteile am Unternehmen zum normalen Verkehrswert um und unterwirft diesen fiktiven Gewinn der Einkommensteuer. Der Streit mit dem Finanzamt über die Höhe der stillen Reserven (Bewertung) ist folglich vorprogrammiert. Die Wegzugsbesteuerung greift bei Privatpersonen unabhängig davon, ob die Anteile im Betriebsvermögen oder Privatvermögen gehalten werden.
Wann greift die Wegzugsbesteuerung?
- wenn der Steuerpflichtige in den letzten 12 Jahren zuvor mindestens 7 Jahre lang in Deutschland steuerlich ansässig war (unbeschränkte Steuerpflicht) (ausreichend ist auch eine Zweit- oder Ferienwohnung, die regelmäßig aufgesucht wird)
- wenn er mit mindestens 1% an einer Kapitalgesellschaft beteiligt war (In- oder Ausland)
- wenn er seinen deutschen Wohnsitz endgültig aufgibt
Reform der Wegzugsbesteuerung
Zum 1. Januar 2022 wurde die Wegzugsbesteuerung (§ 6 AStG) reformiert. Recht auf Besteuerung im Fall eines Wegzuges des Steuerpflichtigen verlieren. Bis zum 31. Dezember 2021 unterlag jeder Steuerpflichtige, der mindestens 10 Jahre unbeschränkt in Deutschland steuerpflichtig gewesen ist, der Wegzugsbesteuerung. Vom Gesellschafter im Familienbetrieb bis zum Start-up-Unternehmer ist potenziell jeder Unternehmer mit einer Beteiligung von mindestens einem Prozent an einer Kapitalgesellschaft (GmbH, AG), der seinen Wohnsitz ins Ausland verlagern will, betroffen.
NEUist, dass der Zeitraum hinsichtlich der unbeschränkten Steuerpflicht von 10 Jahren auf 7 Jahre verkürzt wurde. Nach Deutschland zugezogene Steuerpflichtige fallen 3 Jahre früher - also nach Ablauf von 7 Jahren - unter die Wegzugsbesteuerung. Zudem fällt die Stundung im Fall des Wegzugs in eine EU/EWR-Staat weg. Nunmehr muss die Steuer in 7 Jahresraten gezahlt werden. Durch diese Verschärfungen nimmt der Druck zu, vor dem Wegzug ins Ausland die Steuerkonsequenzen unbedingt sorgfältig zu durchdenken und durch optimale Steuergestaltung das Besteuerungsrecht von Deutschland - trotz Wegzug - abzusichern, um erhebliche Steuerzahlungen zu vermeiden.
Sollte die Besteuerung beim Wegzug reduziert oder tatsächlich vermieden worden sein, müssen auch spätere erbschaftsteuerlichen Konsequenzen betrachtet werden. War der Erblasser im Ausland wohnhaft, sind die Erben aber in Deutschland ansässig, so greift hier wieder die deutsche Erbschaftsteuer. Auch hier gilt es im Vorfeld alle in Betracht kommenden Alternativen steuerlich zu prüfen.
Sind Sie Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft? Lassen Sie sich vor dem Wegzug ins Ausland steuerrechtlich beraten! Damit vermeiden Sie unnötige und ungewisse finanzielle Belastungen.
Wir erklären Ihnen die mit einer Wohnsitzverlegung aus Deutschland verbundenen steuerlichen Aspekte. Dabei fokussieren wir besonders Ihre individuellen Problembereiche und Ihre persönliche Steuersituation, um die bestmöglichen Steuer-Gestaltungsmöglichkeiten für Sie zu erreichen. Schwerpunkte unserer Arbeit sind die Verknüpfungen zwischen dem deutschen und dem jeweiligen ausländischen Steuerrecht (Auswanderungsland EU oder Drittstaat) - unter Berücksichtigung aller Kriterien aus den einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen. Zudem klären wir kritische Fragen Ihrer Unternehmensbewertung durch den Fiskus.
Festsetzung der Wegzugssteuer durch die Unternehmensbewertung: Die Wegzugssteuer wird auf der Grundlage einer fiktiven Wertsteigerung berechnet.
Damit sichert der deutsche Gesetzgeber ab, dass der Staat beim Wegzug ins Ausland seinen Zugriff auf den gesamten Pool an Ressourcen (Vermögen, Einkommen etc.) - der vom Staat grundsätzlich besteuert werden kann - geltend machen kann. Bei einem "nur angenommenen" Verkauf von beispielsweise 2.000.000 Euro von den Anteilen der Kapitalgesellschaft können das mehr als 500.000 Euro Steuer sein! Obwohl es keinen realen Verkaufserlös gib, werden die stillen Reserven an den Gesellschaftsanteilen besteuert - ein äußerst kritischer Aspekt der Wegzugsbesteuerung. Wer aus dem EU-Gebiet als Steuerpflichtiger wegzieht, kann eine Stundung der Steuerzahlung über 5 Jahre nur erreichen, wenn er dem Finanzamt unzumutbare Härten nachweist und darüber hinaus grundsätzlich Sicherheiten leistet,
Ausgangspunkt für die Besteuerung der fiktiven Anteilsgewinne ist
Wie hoch die Wegzugsteuer ausfällt, richtet sich nach dem jeweiligen Wert der Unternehmensanteile sowie dem Einkommenssteuersatz. Das Finanzamt ermittelt den Wert des Unternehmens durch ein vereinfachtes Ertragswertverfahren, um den Verkehrswert des Unternehmens zu ermitteln. Das ist die Grundlage zur Berechnung des fiktiven Veräußerungsgewinns. Das Ergebnis legt das Finanzamt als Wert des Unternehmens zum Zeitpunkt des Wegzugs des Anteilseigners fest.
Wenn Sie wegziehen wollen, empfehlen wir Ihnen eine individuelle Beratung! Unsere Steuerberater prüfen Ihre Unternehmensbewertung mit allen Daten zur Berechnung der Wegzugsbesteuerung gewissenhaft und kritisch.
- Der Verkauf der Anteile vor dem Wegzug
Was ist vorteilhafter? Die Wegzugsbesteuerung oder der sofortige Verkauf? Der Ertrag aus dem Verkauf der Anteile - vor dem Umzug - wird auch besteuert. - Den steuerlichen Wohnsitz in Deutschland beibehalten
Eine andere Option ist, den steuerlichen Wohnsitz nicht zu verlegen - der Hauptwohnsitz bleibt in Deutschland. Besonders wenn der Wegzug auf maximal 5 Jahre begrenzt ist. Allerdings gibt es spezielle Fälle, wenn zwischen Deutschland und dem Wegzugsland des nur zeitweiligen Wegzugs ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht. - Ein Familienmitglied übernimmt die Anteile
Das Familienmitglied darf nicht auswandern und muss in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sein. Auch Schenkungen sind steuerpflichtig, aber es gibt Ausnahmen im Zusammenhang mit dem Erbschaftssteuerrecht. - Die Kapitalgesellschaft wird aufgelöst
Die Kapitalgesellschaft wird liquidiert. Alle Vermögensgegenstände des Unternehmens werden verkauft. - Das Unternehmen wird in eine Personengesellschaft umgewandelt
Eine andere Möglichkeit ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung in eine Personengesellschaft umzuwandeln. Die Wegzugssteuer basiert auf den Besitz von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft. Somit gibt es keine Kapitalgesellschaft mehr und die Grundlage für die Wegzugsbesteuierung entfällt. - Die Kapitalgesellschaft wird in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt
Der Wegziehende gründet eine Personengesellschaft und bringt seine Anteile in diese Gesellschaft ein. Dadurch ist die Personengesellschaft Anteilseigner der Kapitalgesellschaft. Mit der Beteiligung der neuen Gesellschaft an der Kapitalgesellschaft entsteht eine Kommanditgesellschaft: Eine GmbH & Co. KG. ABER, die neu gegründete Personengesellschaft muss aktiv in Deutschland tätig sein.
Hinweis
Es kommt immer auf den individuellen Einzelfall an, ob und wie das Greifen der Wegzugbesteuerung vermieden werden kann!
Die Wegzugsbesteuerung entfällt nur bei klarer Rückkehrabsicht
Wer aus Deutschland wegzuziehen will, sollte sich auch über eine denkbare Rückkehr Gedanken machen. Bei einer nur vorübergehenden Abwesenheit entfällt die Wegzugsteuer rückwirkend, wenn die Rückkehr innerhalb von 5 Jahren erfolgt sowie die Absicht der Rückkehr bestenfalls zum Zeitpunkt des Wegzugs deutlich gemacht wird. Eine Verlängerung der 5-Jahresfrist auf insgesamt 10 Jahre ist möglich, wenn der Steuerpflichtige glaubhaft belegt, dass seine Abwesenheit berufliche Gründe hat und seine Rückkehrabsicht unverändert fortbesteht. Beim Wegzug in EU-Staaten kann die Wegzugsteuer unabhängig von der Rückkehrabsicht bis zur tatsächlichen Veräußerung zinslos gestundet werden. § 6 Abs. 3 AStG gilt nicht für „abgebrochene“ oder gescheiterte Auswanderungen.
Der Wille zur Rückkehr muss nicht bereits bei Wegzug vorliegen
Beruht der Wegzug auf einer nur vorübergehenden Abwesenheit und wird der Steuerpflichtige innerhalb von 5 Jahren wieder in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig, entfällt die Wegzugsbesteuerung - ABER die Rückkehrabsicht muss glaubhaft gemacht werden! Der Rückkehrabsichtswille muss nicht bereits bei Wegzug gegenüber dem Finanzamt dargelegt und glaubhaft gemacht werden, sondern kann auch erst bei Rückkehr angezeigt werden - ABER es muss glaubhaft sein!
Das Finanzgericht Münster beschäftigte sich in seinem Urteil vom 31.10.2019 (Az. 1 K 3448/17 E) eingehend mit den Voraussetzungen des Entfallens der Wegzugsbesteuerung bei Rückkehrabsicht. Ein deutscher Steuerpflichtiger zog nach Dubai und gab seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland auf. Zu diesem Zeitpunkt hielt er mehrere inländische Beteiligungen an Kapitalgesellschaften. Nach zwei Jahren begründete der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz erneut in Deutschland.
Wer Personen im Ausland durch Schenkungen oder durch ein Testament bedenken möchte, sollte vorher genau prüfen, ob neben der Erbschaft- und Schenkungsteuer auch die Wegzugsbesteuerung anfallen kann.
Besondere Vorsicht ist angebracht, wenn der Nachlass auch Anteile an einer Kapitalgesellschaften umfasst. Wenn es bei der Testamentsgestaltung bereits fest steht, dass der zukünftige Erbe nicht in Deutschland lebt oder einen längeren Auslandsaufenthalt beabsichtigt, sollten zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung gewissenhafte Vorkehrungen noch zu Lebzeiten getroffen werden! Die Schenkung von Anteilen einer Kapitalgesellschaft unterliegt der deutschen Erbschaft- und Schenkungsteuer, wenn der Schenker oder der Beschenkte deutscher Staatsangehöriger (§ 2 Abs. 1 ErbStG) ist oder Inlandsvermögen im Sinne des § 121 BewG existiert.
Ihre individuellen steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten prüfen wir sorgfältig im Rahmen Ihrer Einzelfallbetrachtung.
Es gibt viele Gründe das GmbHs, ihren Sitz, ihre Tätigkeit oder ihre Betriebsstätte ins Ausland verlegen. Beispielsweise niedrige Produktionskosten, geringere Steuern oder ein besserer Marktzugang sind dabei entscheidend.
Der Wegzug einer GmbH in ein EU-Land oder ein Land des europäischen Wirtschaftsraums (EWR) in Form einer Verlegung des Verwaltungssitzes ist gesellschaftsrechtlich möglich und wird auch nicht zwingend einer abschließenden Besteuerung unterworfen. Ein Wegzug in Nicht-EU/EWR Länder ist zwar ebenfalls gesellschaftsrechtlich in einigen Fällen möglich, führt aber oft zu einer vollständigen und abschließenden Besteuerung. Steuerliche Folgen sind genauso bei der Verlegung von Betriebsstätten oder der Verlagerung von Wirtschaftsgütern ins Ausland von Bedeutung.
WISSEN - BEITRÄGE
Die Rechtsfrage, ob die Vereinbarung einer sog. Wertpapierleihe über den Wertpapierbesitz die sog. Wegzugsbesteuerung im Augenblick der Aufgabe der unbeschränkten Steuerpflicht des Verleihers hindert, bleibt unbeantwortet, wenn sich aus den vertraglichen Regelungen ergibt, dass der Übertragungszeitpunkt dem Umzugszeitpunkt nachfolgt.
Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens einem Prozent beteiligt war. Dabei sind „Anteile an einer Kapitalgesellschaft“ Aktien, Anteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Genussscheine oder ähnliche Beteiligungen und Anwartschaften auf solche Beteiligungen (§ 17 Abs. 1 Satz 3 EStG). Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AStG ist bei einer natürlichen Person, die insgesamt mindestens zehn Jahre nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war und deren unbeschränkte Steuerpflicht durch Aufgabe des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes endet, auf Anteile an einer inländischen Kapitalgesellschaft § 17 EStG im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht auch ohne Veräußerung anzuwenden, wenn im Übrigen für die Anteile zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind.
Quelle/Fremdlink rechtslupe.de
Wann greift die Wegzugsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz? Der BFH hat dies für Fälle geklärt, in denen Geschäftsanteile unentgeltlich auf im Ausland ansässige Personen übertragen werden. Demnach ist § 6 AStG nicht einschränkend so auszulegen, dass das Recht zur Besteuerung der in den unentgeltlich übertragenen Anteilen ruhenden stillen Reserven ausgeschlossen oder beschränkt werden müsste.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 08.12.2021 (I R 30/19) seine Grundsätze zur Wegzugsbesteuerung weiter konkretisiert.
Sachverhalt und Entscheidung im Besprechungsfall
Der verstorbene Ehemann O der Klägerin K übertrug an seinen Sohn S, der die US-amerikanische Staatsbürgerschaft besaß und im Zeitpunkt der Übertragung in den USA ansässig war, einen Geschäftsanteil am Stammkapital einer GmbH mit Sitz im Inland.
Das Vermögen der Gesellschaft bestand im Zeitpunkt der Übertragung überwiegend aus im Inland gelegenem Grundvermögen. Das Finanzamt (FA) behandelte die Übertragung auf den S als teilentgeltlichen Erwerb und setzte für O einen steuerpflichtigen Übertragungsgewinn an.
Das FA war für den unentgeltlichen Teil der Übertragung auf S der Auffassung, die Voraussetzungen für eine Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG seien erfüllt.
Es ermittelte auf der Grundlage eines gemeinen Werts einen (weiteren) Veräußerungsgewinn und setzte die Einkommensteuer für O im Rahmen einer getrennten Veranlagung entsprechend fest. K hielt den Veräußerungsgewinn für zu hoch, der eingelegte Einspruch und eine Klage zum Finanzgericht blieben erfolglos. Der BFH folgte dem.
Besteuerung des Veräußerungsgewinns
Die Veräußerung von Anteilen an einer GmbH führt grundsätzlich zu gewerblichen Einkünften, wenn die Beteiligung mehr als 1 % betrug.
Bei einer natürlichen Person, die insgesamt mindestens zehn Jahre unbeschränkt steuerpflichtig war und deren unbeschränkte Steuerpflicht durch Aufgabe des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts endet, ist auf solche Anteile im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht der § 17 EStG auch ohne Veräußerung anzuwenden, wenn im Übrigen für die Anteile zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind.
Der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht ist die Übertragung der Anteile durch ganz oder teilweise unentgeltliches Rechtsgeschäft unter Lebenden oder durch Erwerb von Todes wegen auf nicht unbeschränkt steuerpflichtige Personen (wie dies bei S der Fall war) gleichzusetzen. Dem Wortlaut nach waren somit die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AStG erfüllt.
Beschränkung der Besteuerung der stillen Reserven in Deutschland
Der BFH sieht keinen Grund, § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AStG einschränkend dahingehend auszulegen, dass durch die unentgeltliche Anteilsübertragung auf den beschränkt Steuerpflichtigen das Recht Deutschlands zur Besteuerung der in den unentgeltlich übertragenen Anteilen ruhenden stillen Reserven ausgeschlossen oder beschränkt werden müsste.
Für den BFH ist nicht ersichtlich, dass § 6 Abs. 1 Satz 2 AStG insoweit die Möglichkeit eröffnet, das Tatbestandsmerkmal des Ausschlusses bzw. der Beschränkung des Besteuerungsrechts Deutschlands hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal in die vorrangig zu prüfenden Tatbestände des § 6 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AStG hineinzulesen.
Vielmehr geht es dem Gesetzgeber erkennbar um die Abgrenzung von den genannten Tatbeständen bzw. um deren Ergänzung. Ferner verlagert die Vorschrift lediglich die Besteuerung zeitlich vor, die bei beschränkter Steuerpflicht grundsätzlich vorgesehen ist. Das deutsche Steuerrecht sieht insoweit keine Entstrickungsnorm vor.
Dies ist für den BFH jedoch hinzunehmen. Weder das EU-Recht noch Regelungen von Abkommen zwischen Deutschland und den USA verlangten nach Ansicht des BFH eine andere Auslegung. Daher hat der BFH die Revision zurückgewiesen.
Quelle/Fremdlink deubner-steuern.de
Veräußerung einer niederländischen Beteiligung nach Zuzug aus den Niederlanden
Der bis zum Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht entstandene Vermögenszuwachs hat nicht i.S. von § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG aufgrund gesetzlicher Bestimmungen des Wegzugsstaats im Wegzugsstaat einer der Steuer nach § 6 AStG vergleichbaren Steuer unterlegen, wenn dort keine Steuer festgesetzt worden ist.
Hintergrund: Veräußerung einer niederländischen Beteiligung nach Zuzug aus den Niederlanden
Streitig war die Höhe der Anschaffungskosten bei der Veräußerung von Anteilen an einer niederländischen Kapitalgesellschaft nach Eintritt in die unbeschränkte Steuerpflicht.
X lebte in den Niederlanden und gründete dort in 1998 als Alleingesellschafter eine B.V. (Kapitalgesellschaft) mit einem Stammkapital von 18.000 EUR. In 2006 zog er nach Deutschland. In 2016 veräußerte er die im Privatvermögen gehaltene Beteiligung an der B.V.
Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG für 2016 berücksichtigte X als Anschaffungskosten einen Wert von 1.1 Mio. EUR.
X gab an, bei diesem Wert handele es sich um den von den niederländischen Steuerbehörden festgestellten Wert der Beteiligung für Besteuerungszwecke in den Niederlanden. Eigentlich hätte nach dem DBA NLD der Besteuerungswert beim Wegzug in einem Steuerbescheid (sog. Konservierungsbescheid) festgestellt und die darauf entfallende Steuer festgesetzt werden müssen. Gleichwohl wäre es dann aber nicht zu einer sofortigen Besteuerung, sondern zu einer Stundung gekommen, und nach zehn Jahren hätte die Steuer erlassen werden können. Allerdings sei dieses Verfahren durch ein Versehen der niederländischen Steuerbehörden unterblieben. In 2016 habe man sich dann dahin geeinigt, dass die niederländische Finanzverwaltung den X so behandele, als ob der Konservierungsbescheid ergangen wäre. Die niederländische Steuerbehörde habe deshalb in einem Schreiben vom Dezember 2015 bescheinigt, dass die Gesellschaft bei Wegzug mit einem Wert von 1.1 Mio. EUR der Besteuerung unterlegen habe.
Das FA lehnte dies ab und setzte als Anschaffungskosten lediglich das Stammkapital an. Unter Berücksichtigung des Teileinkünfteverfahrens berücksichtigte es einen Veräußerungsgewinn von 770.000 EUR. Das FA vertrat die Auffassung, Voraussetzung für die Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG sei die tatsächliche Steuerzahlung. Zwar habe die niederländische Steuerbehörde den Wert der Beteiligung festgestellt. Sie habe auf diesen aber weder Steuern festgesetzt noch erhoben.
Dem folgte das FG und wies die Klage ab.
Quelle/Fremdlink capinside.com
Das Erbschaftsteuer-Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz-Deutschland1 (E-DBA) hat einige interessante positive wie negative Überraschungen parat, die zu kennen und zu nutzen durchaus bei der Vermögensnachfolge- und Wegzugsplanung hilfreich sind. Dazu gehört vor allem die Tatsache, dass «Schweizer Heimatvermögen» im Todesfall von Schweizer Staatsbürgern von einer Besteuerung in Deutschland freigestellt wird.
Verfasser
Dr. Peter Happe
Steuerberater / FB Internationales Steuerrecht / C.P.A.
GHM GmbH Steuerberatungsgesellschaft D – 50996 Köln
www.ghm-partners.de
Lothar Boelsen
Wirtschaftsprüfer / Rechtsanwalt / Steuerberater
Prof. Dr. K. Schwantag ∙ Dr. P. Kraushaar GmbH
D – 60439 Frankfurt am Main
www.sk-berater.com
Veröffentlicht in CH-D Wirtschaft 1/2021
WEGZUGSBESTEUERUNG
Von Steuerberater, Fachberater für internationales Steuerrecht, Certified Public Accountant - C.P.A. (State of New York) Dr. rer. pol. Peter H. Happe
Ihr persönlicher Kontakt

- Vorsicht Steuerpflicht: Wann beim Auswandern Wegzugbesteuerung droht
Quelle/Fremdlink haufe.de - Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt – grosse steuerliche Gefahren in Deutschland
Quelle/Fremdlink handelskammerjournal.ch - Wegzugsbesteuerung und lediglich "vorübergehende Abwesenheit"
Quelle/Fremdlink haufe.de - Das Außensteuergesetz (AStG) und seine vorbeugenden Regelungen gegen "Steuervermeidung" bei Wegzug und Sitzverlegung
Quelle/Fremdlink anwalt.de - Die Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG als Steuerfalle bei gehaltenen Gesellschaftsanteilen an einer GmbH
Quelle/Fremdlink anwalt.de -
Wegzugsbesteuerung – bei unentgeltlichen Anteilsübertragungen ins Ausland
Quelle/Fremdlink aussenwirtschaftslupe.de - Die unentgeltliche Anteilsübertragung auf einen beschränkt Steuerpflichtigen – und das nationale Besteuerungsrecht
Quelle/Fremdlink rechtslupe.de - Wegzugsbesteuerung: „Familiengesellschafter gefangen in Deutschland“
Quelle/Fremdlink familienunternehmen.de - Wegzugsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz
Quelle/Fremdlink bundesfinanzhof.de - Geplante Reform der Wegzugsbesteuerung und vorsorgliche Abwehrstrategien
Publikation Dr. Happe