Auch freie Mitarbeit bei gGmbH kann sozialversicherungspflichtig sein
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat die Tätigkeit einer Gesamtkoordinatorin eines Jazzclubs als eine abhängige Beschäftigung eingeordnet und damit die Berufung der den Jazzclub tragenden gemeinnützigen GmbH zurückgewiesen.
Die Einordnung einer Tätigkeit als selbständig oder als sozialversicherungspflichtige abhängige Beschäftigung – die sogenannte Statusfeststellung – ist eine der ständig wiederkehrenden Fragen des Sozialversicherungsrechts. Ihre Beantwortung hängt von den Verhältnissen im Einzelfall ab. Relevant sind Merkmale wie die Abhängigkeit von Weisungen, die Eingliederung in einen Betrieb und ein eigenes Unternehmerrisiko.
Die Gesamtkoordinatorin war für die GmbH auf Basis eines Vertrages über "freie Mitarbeit" tätig. Sie koordinierte den Spielbetrieb, besetzte die Ticket-Hotline, kommunizierte mit Künstlern, assistierte dem künstlerischen Leiter und managte Konzerte. Zumindest bei Konzerten und für die Ticket-Hotline musste sie zu bestimmten Zeiten anwesend sein.
Eingliederung in Betrieb und Organisation
Das LSG sah dies als eine im Ergebnis abhängige Beschäftigung insbesondere deswegen an, weil der Koordinatorin – über einen Rahmenvertrag hinausgehend – ein fester Aufgabenbereich innerhalb der Betriebsorganisation der klagenden GmbH übertragen worden sei und nicht einzelne Aufträge. Die Eingliederung in den Betrieb ergebe sich daraus, dass sie nicht etwa einen abgegrenzten Teil von Bürodienstleistungen übernommen habe, sondern eigenverantwortlich dafür zuständig gewesen sei, im Interesse der GmbH alle erforderlichen Arbeiten für den Jazzclub zu erledigen.
Bezeichnung als "freie Mitarbeit" nicht entscheidend
Ferner habe sie an vier Abenden und zwei Tagen vormittags vier Stunden zur Verfügung stehen müssen. Auch dies spreche deutlich für die Eingliederung in den Betrieb und die Organisation. Die Koordinatorin habe auch kein nennenswertes Unternehmerrisiko getragen. Für eine selbständige Tätigkeit spreche weiter nicht entscheidend, dass die Koordinatorin auch für andere Auftraggeber tätig gewesen sei. Zum einen sei für die Statusbeurteilung auf den jeweiligen Einzelauftrag abzustellen und zum anderen komme eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber auch etwa bei teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern vor. Dem Umstand, dass die Beteiligten ihr Rechtsverhältnis als freie Mitarbeit bezeichnet hätten, komme keine entscheidende Bedeutung zu, da nach dem Gesamtbild der Tätigkeit die für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung sprechenden Merkmale eindeutig überwögen.
Urteil vom 20. März 2023, Az. L 4 BA 2739/20
(LSG Bad.-Württ. / STB Web)
Artikel vom 24.07.2023